Hohe Kursgewinne gefolgt von einer volatilen Seitwärtsbewegung. Das Börsenjahr 2021 war geprägt von Hoffnung, Sorge und hoher Volatilität. Wie es im Jahr 2022 beim DAX weiter gehen und welche Aktien zu den Favoriten zählen könnten, erläutert unser Anlageexperte Holger Steffen im Interview mit Finanzen.net.
finanzen.net: Herr Steffen, fast genau vor einem Jahr haben wir uns hier über die DAX-Perspektiven für 2021 unterhalten, Sie hielten damals einen Kurszuwachs von 10 Prozent für möglich. Kurz vor Ultimo steht der DAX nun bei +11 Prozent und bewegt sich damit im Rahmen ihrer Prognose. Hat das Börsenjahr 2021 ihre Erwartungen erfüllt?
Holger Steffen: Im Großen und Ganzen ja. Die Lockerung der Corona-Restriktionen haben erwartungsgemäß zu einem starken Konjunkturaufschwung geführt, die die Börsen über weite Teile des Jahres getragen haben. Unterstützung kam auch durch die weiterhin sehr lockere Geldpolitik. Etwas überraschend waren für das Gros der Marktteilnehmer allerdings die Engpässe in der Wirtschaft. Allerdings hatten wir in unserer Prognose bereits eingepreist, dass der Aufschwung nicht ohne Störfaktoren vonstatten geht - und so ist es auch gekommen.
"Wir haben den DAX erneut deutlich hinter uns gelassen"
finanzen.net: Der DAX hat per Saldo hinzugewonnen, Herr Steffen. Sie selbst gehören zu den erfolgreichsten Analysten, beraten Marktteilnehmer bei der Zusammenstellung von Aktienportfolios und sind unter anderem auch Berater des langfristig sehr erfolgreichen Value-Stars-Deutschland-Index. Wie lautet Ihr Fazit für 2021?
Holger Steffen: Der Value-Stars-Deutschland-Index hat den DAX erneut deutlich hinter sich gelassen. Aktuell liegen wir seit Anfang 2021 rund 30 Prozent vorne. Basis dieses Erfolgs war sicherlich unsere ziemlich gute Einschätzung der Gesamtlage. Darauf aufbauend konzentrieren wir uns stark auf das Stock-picking. Wir legen einen besonderen Fokus auf gesunde Unternehmen mit starken Wachstumsstories.
finanzen.net: Sie haben vorwiegend Wachstumsstories in Ihrem Value-Index?
Holger Steffen: Ja, wir setzen klar auf fundamental gesunde Unternehmen mit starken Stories, sind beispielsweise schon seit Jahren bei Sixt an Bord. Erfolgreich waren in 2021 insbesondere auch unsere Empfehlungen im IT-Sektor, etwa der IT-Dienstleister adesso oder der Spezialist für Einzelhandelssoftware, GK Software. Gerade bei solchen Gesellschaften konnten wir im Jahr 2021, neben steigenden Gewinnen als Kurstreiber, auch einen positiven Bewertungseffekt beobachten. Die Börse billigt erfolgreichen Unternehmen aktuell meist eine höhere Gewinnbewertung zu als vor Jahresfrist. Das zeigt auch, dass trotz aller Corona-Probleme die Unsicherheit abgenommen hat. Über unser aktuelles Aktienportfolio und etwaige Umschichtungen können sich Interessierte übrigens in unserem Value-Stars-Newsletter informieren.
Besser als der DAX
Seit Auflage hat der Value-Stars-Deutschland-Index den DAX deutlich geschlagen.
finanzen.net: Auf Ihr Portfolio kommen wir gerne noch zu sprechen. Was waren für Sie denn die Highlights des letzten Jahres, was waren ihre größten Enttäuschungen?
Holger Steffen: Bemerkenswert war sicherlich der Aufschwung im Rohstoffsektor, der sich im Fahrwasser des Konjunkturaufschwungs abspielte. Hier konnten Anleger auch mit deutschen Nebenwerten eine starke Performance erzielen. Wir hatten beispielsweise die Deutsche Rohstoff AG im Value-Stars-Deutschland-Index recht hoch gewichtet und waren damit bei diesem spektakulären Comeback dabei. Weniger gut gelaufen ist es im Automobilsektor. Die Knappheit bei Halbleitern haben nicht nur diese Branche vor große Herausforderungen gestellt. Auch wenn das so kaum vorauszusehen war, war das sicherlich eines der ernüchternden Erlebnisse des Jahres 2021.
finanzen.net: Der Jahreswechsel naht. Lassen Sie uns einen Blick nach vorne werfen. Was erwarten Sie für 2022? Aktuell kochen an der Börse die Sorgen vor Omikron wieder hoch. Wie könnte es im Jahr 2022 an der Börse weitergehen?
Holger Steffen: Zunächst einmal ist es wichtig festzuhalten, dass die Kursdynamik im Jahresverlauf 2021 bereits abgenommen hat, der DAX läuft bereits seit April mehr oder weniger seitwärts. Das spiegelt die schwieriger gewordenen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft wider.
"Omikron ist natürlich ein Risikofaktor"
finanzen.net: Wo sehen Sie die größten Schwierigkeiten für die Wirtschaft?
Holger Steffen: Die Engpässe haben sich im zweiten Halbjahr 2021 teilweise verschärft und sind weiter ein großes Thema. Aktuell lässt sich allerdings in einigen Bereichen eine beginnende Entspannung erkennen. Viele Manager, mit denen wir gesprochen haben, gehen davon aus, dass sich die Lage in den nächsten sechs Monaten bessert. Das könnte die Basis für eine wieder höhere Konjunkturdynamik darstellen. Und davon sollte die Gewinnentwicklung der Unternehmen profitieren.
finanzen.net: Also sehen Sie positiv ins neue Jahr und eher gute Chance für Kursgewinne in 2022?
Holger Steffen: Nicht unbedingt, denn es gibt einige Belastungsfaktoren für die Börse. Zum einen ist da immer noch die Pandemie, die mit der Omikron-Variante gerade wieder mächtig Fahrt aufnimmt. Omikron ist natürlich ein Risikofaktor. Die Kernfrage ist hier, wie viele schwere Krankheitsverläufe die neue Variante verursacht. Sollten längere Lockdowns erforderlich sein, würde das natürlich auch die Wirtschaft bremsen.
"Wir müssen auch die Geldpolitik im Auge behalten"
finanzen.net: Corona bleibt also auch für die Anleger die Hauptsorge?
Holger Steffen: Die Pandemie bleibt ein bedeutender Faktor. Wir müssen aber auch die Geldpolitik im Auge behalten. Im zurückliegenden Jahr waren die Notenbanken noch auf einem stark expansiven Kurs: Seit Ausbruch der Pandemie kauften FED und EZB im großen Maßstab festverzinsliche Wertpapiere, um den Märkten Liquidität zur Verfügung zu stellen. Die US-Notenbank hat aber mittlerweile die Wende eingeleitet. Ebenso die Bank of England. Wegen der hohen Inflation sehen sich die Notenbanken gezwungen, den Hahn schneller zuzudrehen als erwartet. In 2022 könnten bereits mehrere Leitzinserhöhungen folgen. Die Geldpolitik wird damit eher ein bremsender Faktor für die Märkte. Daneben gibt es heute schon Themen mit nicht zu unterschätzendem Krisenpotenzial für 2022, etwa die Spannungen an der russisch-ukrainischen Grenze oder sich fortsetzende Turbulenzen am chinesischen Immobilienmarkt.
"Wo steht der DAX Ende 2022?"
finanzen.net: Wenn Sie die positiven und negativen Aspekte abwägen, wo sehen Sie die Märkte in zwölf Monaten? Wo steht der DAX am Jahresende 2022?
Holger Steffen: So ein Blick in die Glaskugel ist natürlich kaum möglich, da sich die Rahmenbedingungen ständig verändern. Wenn Sie aber danach fragen: Die Störfaktoren haben zuletzt wieder zugenommen, die Geldpolitik wird voraussichtlich deutlich restriktiver, daher wäre es eine gute Leistung, wenn der DAX sein Niveau im Jahresverlauf 2022 halten könnte.
finanzen.net: Das klingt nicht besonders optimistisch. Welche Anlagestrategie verfolgen Sie unter diesen Vorzeichen?
Holger Steffen: Da wir wenig Rückenwind vom Gesamtmarkt erwarten, wird das Stock-Picking im nächsten Jahr noch wichtiger. Wir setzen auf Unternehmen, die auch in einem schwierigeren Umfeld ihre Gewinne steigern können und achten dabei mit Argusaugen darauf, dass sie nicht zu hoch bewertet sind. Sie sehen: Wir setzen weiter auf fundamental preiswerte Value-Aktien mit guten Wachstumsperspektiven.
"Welche Einzelaktien sind spannend?"
finanzen.net: Da interessiert unsere Leser natürlich, auf welche Einzelwerte Sie setzen. Können Sie uns hier ein paar spannende Titel nennen?
Holger Steffen: (lacht) Die spannendsten Einzelwerte können Sie natürlich jederzeit im in unserem Anlegerbrief nachlesen. Hier können Anleger übrigens bis zum Jahreswechsel übrigens noch vergünstigt im Rahmen unserer Weihnachtsaktion einsteigen. Oder Sie investieren mit nur einem Wertpapier in den Value-Stars-Index, der Index bildet die Entwicklung unserer Favoriten ab.
Der Anlegerbrief: Aktuell über 3.500 % Performance
Mit der Value-Stars-Strategie hat das Musterdepot des Anlegerbriefs seit Auflage im Juni 1999 alle gängigen Indizies um Längen geschlagen.
finanzen.net: Ein, zwei Werte haben Sie doch bestimmt für uns?
Holger Steffen: Na klar, ich will Ihnen gern ein interessantes Beispiel nennen: Aktuell haben wir die Beteiligungsgesellschaft Gesco recht hoch gewichtet im Value-Stars-Deutschland-Index. Das Gesco-Management hat sein Beteiligungsportfolio in den letzten zwölf Monaten umgebaut und deutlich gestärkt. Das sollte die Basis für ein dynamisches Gewinnwachstum auch in einem wieder etwas schwierigeren konjunkturellen Umfeld darstellen. Da die Performance der Gesellschaft in den letzten Jahren nur durchwachsen war, liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis des Unternehmens auf Basis der Gewinnprognose des Managements nur bei etwa 11. Für uns ist Gesco eine typische Investmentstory, die wir für unser Portfolio suchen.
finanzen.net: Klingt spannend. Können Sie weitere Favoriten für das Jahr 2022 nennen?
Holger Steffen: Unsere Top-Tipps für das neue Jahr finden unsere Leser wie gewohnt in der Anlegerbrief-Sonderausgabe, die in der ersten Januarhälfte erscheinen wird. Wenn Sie noch kein Abo haben, können Sie, wie erwähnt, aktuell auch von unserer Weihnachtsaktion für Neukunden profitieren.
finanzen.net (lacht): Okay, das Abo haben wir natürlich. Wenn Sie noch etwas Zeit haben könnten wir noch einen Blick auf Unternehmen werfen, die bei unseren Lesern besonders im Fokus stehen.
Holger Steffen: Ja, gerne.
"Glauben Sie an ein Comeback bei China-Aktien wie Alibaba, Baidu oder Tencent?"
finanzen.net: In den letzten Jahren war beispielsweise das Interesse an chinesischen Aktien hoch. In 2021 sind aber gerade Anleger-Lieblinge wie Alibaba, Baidu oder Tencent mitunter übel unter die Räder gekommen. Nicht wenige Anleger sitzen hier auf Verlusten. Glauben Sie an ein Comeback?
Holger Steffen: Grundsätzlich sind die genannten Unternehmen in sehr dynamischen Märkten stark positioniert. Das Jahr 2021 hat allerdings auch sehr deutlich die Gefahr politischer Eingriffe aufgezeigt. Viele Anleger hatten nicht auf dem Radar, dass Firmen in China ganz anderen Einflüssen unterliegen als Unternehmen in freien Gesellschaften. Das macht die Wette auf ein Comeback sehr spekulativ und kaum einschätzbar.
"Bei Tesla & Co. sollten Anleger eventuell auch mal Teilgewinne mitnehmen"
finanzen.net: Kommen wir zu den beliebtesten Aktien: Viele Anleger sind in die Aktien von Tesla, Biontech oder Nvidia investiert. Wie stufen Sie hier die Perspektiven ein?
Holger Steffen: Diese Trendaktien hatten im letzten Jahr starken fundamentalen Rückenwind und haben infolgedessen sehr stark zugelegt. Grundsätzlich würden wir es hier mit dem Börsenmotto “the trend is your friend” halten. Allerdings sollten Anleger auf den hohen Niveaus eventuell auch mal einen Teil ihrer Gewinne mitnehmen. Diese Strategie hat sich bei uns gerade bei stark gelaufenen Aktien bewährt. Denn kommt es bei solchen Trendaktien mit hohen aufgelaufenen Kursgewinnen zu Enttäuschungen, sind die Einbußen für die Anleger oftmals unverhältnismäßig hoch.
finanzen.net: Lassen Sie uns zum Schluss noch ein Blick auf den DAX werfen. Im Jahr 2021 landeten Pharma-, Medizintechnik- und Automobilkonzerne auf den vorderen Plätzen. Unternehmen wie MERCK, Sartorius, Siemens Healthineers, Porsche und Daimler haben auf 12-Monatssicht rund 50 Prozent oder mehr zugelegt. Welche Branche könnte 2022 zu den Gewinnern zählen?
Holger Steffen: Das ist eine wirklich schwierige Frage. Angesichts der aktuell komplizierten Rahmenbedingungen für die Wirtschaft könnten in den ersten Wochen des Jahres zunächst defensive Branchen wie Versicherungen, Versorger und Telekommunikation die Nase vorn haben. Sollten sich die Probleme mit Omikron und mit Engpässen in der Wirtschaft dann entspannen, könnten vielleicht auch günstig bewertete Zykliker wieder stärker gefragt sein. Der Erfolg unserer Aktienauswahl wird aber auch im Jahr 2022 weniger auf möglichen Branchentrends denn auf Unternehmen mit starken Unternehmenskennzahlen und plausiblen Wachstumsstories basieren.
"Aktuell haben wir rund zwei Dutzend spannende Wachstumsstories im Portfolio"
finanzen.net: Wie viele solcher Stories sind in Ihrem Value Stars-Index derzeit vertreten?
Holger Steffen: Wir sind ja ständig auf der Suche nach spannenden Wachstumsstories. Aktuell haben wir rund zwei Dutzend solcher Stories im Portfolio des Value-Stars-Deutschland-Index.
finanzen.net: Mit Ihrer Strategie konnten Anleger seit Start im Jahr 2013 eine Rendite von rund 16 bis 17 Prozent pro Jahr einfahren. Wie können Anleger in diese Strategie investieren?
Holger Steffen: Wir haben gemeinsam mit der Lang & Schwarz AG und einem Vermögensverwalter ein Investment-Zertifikat auf diesen Index am Start. Wer dieses Zertifikat erwirbt, partizipiert eins-zu-eins an der Entwicklung des Value-Stars-Deutschland-Index.
Auf welche Aktien setzt das Value-Stars-Team?
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finanzen.net: Wie ist das Papier in 2021 gelaufen und wie wird es gehandelt?
Holger Steffen: Im laufenden Jahr liegt das Papier rund 30 Prozent im Plus. Der Handel ist recht einfach. Bei den Handelsplattformen von Börse Stuttgart und Lang & Schwarz werden permanent Kurse gestellt, sodass Interessierte jederzeite kaufen und verkaufen können. Unter Angabe der Wertpapierkennnummer ist das Zertifikat also ganz einfach über die Bank oder einen Onlinebroker handelbar.
finanzen.net: Herr Steffen, danke dafür, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben.
Holger Steffen: Gerne. Ihnen und Ihren Lesern eine besinnliche Zeit und einen guten Start in ein hoffentlich erfolgreiches Börsenjahr 2022.
Das Interview ist am 22.12.2021 bei finanzen.net erschienen. Den Beitrag können Sie hier im Original nachlesen.